Die Abendveranstaltung am Freitag: Frigga Haug spricht zum Verhältnis von politischen Utopien zu praktischer Politik am Beispiel der Vier-in-einem-Perspektive.
Es ist an der Zeit aus den falschen Alternativen, die Politik lähmen und langweilig machen, auszubrechen: Wollen wir ein Erziehungsgeld für Mütter erstreiten oder bessere Kindergärten? Wollen wir eine Frauenquote in der Politik oder uns außerparlamentarisch engagieren? Wollen wir den gewerkschaftlichen Kampf um Löhne und Tarifabkommen stärken oder soll die Forderung nach Grundeinkommen ins Zentrum? Und wie steht es mit Lernen, Entwicklung, Kultur oder haben wir jetzt keine Zeit dafür weil es Dringlicheres gibt?
Ohne Zukunftshoffnung kann man schlecht handlungsfähig sein, weder als Individuum noch als Organisation. Dies gilt verschärft in Zeiten vielfältiger Krisen, von Kriegen, Katastrophen, Hunger und Angst wegen der Bedrohung der natürlichen Lebensbedingungen. Dagegen sucht etwa die Vision der Vier-in-einem-Perspektive ein Leben vorzustellen, dass im Hier und Jetzt unserer Gegenwart ansetzt und eine andere Verteilung der tätig verbrachten Zeit anzielt, prüft, wie also sinnvoller, gerechter, genussreicher und verantwortlicher zu leben ist. Das Projekt der Vier-in-einem-Perspektive greift ein, indem es alte Fragen verschiebt und einen Vorschlag macht, der ebenso das Handeln der Einzelnen betrifft und ihre Motive wie die gesellschaftliche Organisation durch die zuständigen Institutionen. Es ist eine Utopie von Frauen, aber sie gilt für alle. Das Projekt der Vier-in-einem-Perspektive wurde im Streit entwickelt von wechselnden Gruppen von Frauen, von mir ausformuliert und in langer Auseinandersetzung versucht in politische Programme einzuschreiben. Wo es teilweise gelang, wirkt es seltsam entzaubert. Ich denke, dass es sich lohnt, das Projekt auf seine Politiktauglichkeit zu prüfen. Ich stelle es in seinen Grundzügen vor und formuliere weiterführende Thesen für eine Diskussion um die Übersetzung utopischer Entwürfe in praktische Politik.
Am Freitag den 3. November um 19 Uhr im DGB-Haus (Schwanthalerstr. 64)